2016 verlangt vollen Einsatz – die Trends in Logistik und Supply Chain Management

Die voranschreitende Digitalisierung, der Umgang mit „Sofortness", die Revolution im Sinne von Industrie 4.0 und der Umstieg auf Agiles Management - das sind für mich die Headlines der Trends für das Jahr 2016. Das Leitthema der LogiMAT 2016 „Innovativ agieren, Wandel gestalten" deutet aber bereits an, dass wir diese Veränderungen nicht nur zur Kenntnis nehmen dürfen, sondern vor allem unsere Fähigkeit nutzen müssen, sie aktiv mitzugestalten. Darin sehe ich nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine große Chance.
Augmented Reality wird real
Im letzten wie auch in diesem Jahr wurde viel über den alltäglichen Gebrauch von Wearables in deutschen Lagerhallen und Produktionsstätten spekuliert. Auch ich habe vermutet, dass uns bereits Ende 2015 nicht mehr nur Prototypen begegnen, sondern echte Anwendungsbeispiele. Diese Prognose hat sich bewahrheitet, wie BABOR und Volkswagen zeigen. Hier wird bereits heute aktiv die „erweiterte Realität" durch Datenbrillen in der Kommissionierung und Prozessoptimierung mit dem „Pick-by-Vision" genutzt. Die „Smart Factory" oder auch das „Smart Warehouse" werden also real und greifbar. Aber nicht nur in Deutschland wird sich zukünftig viel verändern, auch Unternehmen aus dem Ausland werden auf den Digitalisierungs-Zug aufspringen, so nimmt sich z.B. China ein Vorbild an den deutschen Initiativen.
Sofortness: Lieferung JETZT
Nach Schriftsteller Peter Glaser beschreibt „Sofortness" die „digitale Ungeduld", resultierend aus unserer schnelllebigen Umwelt. Repräsentativ für dieses Phänomen ist die „Same-Day-Delivery", also Lieferung am gleichen Tag. Im kommenden Jahr könnte dieser Service aber schon Schnee von gestern werden, ohne dass er jemals flächendeckend umgesetzt worden wäre. Denn der Kurs geht von Same-Day-Delivery gen Now-Delivery, also der Auslieferung im Internet bestellter Waren innerhalb von (bis zu) einer halben Stunde - das verspricht zumindest Amazon mit seiner neuen Lieferdrone. Auch wenn so mancher den Vorstoß von Amazon als PR-Gag abkanzelt - die Konkurrenz nimmt Geschwindigkeit auf: Ende 2015 haben Media Markt und Saturn die Lieferung binnen drei Stunden in mehr als 100 deutschen Städten begonnen. Einen klaren Unterschied zwischen Same-Day-Delivery und Now-Delivery gibt es noch nicht, da selbst die Lieferung am selben Tag hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit immer noch nicht ausgereift ist. 2016 können wir aber vielleicht durch einige (amerikanische) Pilotanwender damit rechnen, dass die Paketdrone kurze Zeit nach dem Klick auf „Bestellen" bereits vor ihrer Haustüre landet.
Industrie 4.0 und die Selbständigkeit von Maschinen
Von dem so genannten „Highway-Pilot" am Steuer eines LKW ist man heute noch entfernt, der Daimler-Vorstand ist sich aber sicher, dass bereits in weniger als zehn Jahren das teilautonome Fahren auf den deutschen Straßen etabliert sei. Die Frage, „ob" uns zukünftig autonome Fahrzeuge auf der Straße begegnen, gehört damit zur Vergangenheit. „Wo? Wann? Und wie?" sind die Fragen der Zukunft. Was in der Transportbranche große Innovationen verspricht, treibt im produzierenden Sektor die Revolution im Sinne von Industrie 4.0 an. In die Entwicklung künstlicher Intelligenz wird heute schon enorm viel Geld investiert. Bis 2025 soll Deutschland mit einer Produktivitätssteigerung von 90- 150 Milliarden Euro pro Jahr dann auch davon profitieren, es liegt also unbestritten großes Potential darin. Jedoch bringt der Einsatz von Robotik allein noch keinen Fortschritt, solange auf höherer Ebene keine intelligenten Systeme optimale Entscheidungen für den Gesamteinsatz der Maschinen treffen. Erst die Synergieeffekte aus der Verbindung beider Technologien - Robotik und entscheidungsintelligente IT-Systeme - zeigen das wahre Potenzial von Industrie 4.0.
Agil ist das neue Lean
In den letzten Jahren wurde das Lean Management als das Handwerkszeug für schlanke und effiziente Organisationsstrukturen angepriesen. Angesichts von Individualisierung und steigender Komplexität, ist das Lean-Konzept aber nicht mehr ausreichend. Prozesse müssen heute und in Zukunft vor allem flexibel und interaktiv sein und qualitativ hochwertige Ergebnisse liefern. Agiles Management steht für die Fähigkeit, unvorhergesehene Ereignisse durch blitzschnelle Entscheidungsfindung zu bewältigen. Die Umsetzung dieses Managementansatzes erfordert aber nicht nur das Committment der Prozessbeteiligten, sondern vor allem eine zusätzliche technologische Komponente, also konkret den Einsatz entscheidungsintelligenter IT-Systeme, die Menschen erst in die Lage versetzen, mit dem Unplanbaren umzugehen. Agile Handlungskompetenz zu erlangen ist genau genommen weniger ein Trend, als ein Prozess, der uns auch noch lange über das kommende Jahr hinaus begleiten wird.
Es wird Zeit, umzudenken
In der Logistik und dem Supply Chain Management werden diese Top-Trends im Jahr 2016 nicht mehr nur stille Begleiter sein, sie fordern ein konkretes Umdenken. Zukunftsorientierte Unternehmen müssen die Innovationen annehmen und aus den einzelnen Bewegungen die Synergieeffekte nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dieses Unterfangen fordert unsere volle Aufmerksamkeit und stetige Weiterentwicklung. Nichtsdestotrotz geraten wir immer wieder an unsere Grenzen und benötigen die Unterstützung z.B. durch das Operations Research, das uns entscheidungsintelligente Algorithmen an die Hand gibt, um auch 2016 Schritt halten zu können.
Welche Trends werden Ihrer Meinung nach die Logistikbranche und das Supply Chain Management nachhaltig verändern und von welchen Innovationen und Entwicklungen profitieren Sie heute schon?