Welche Technologie treibt aktuell die Digitalisierung der Lieferkette voran?

Im Rahmen des 8. Trendbarometers des Logistikdienstleisters Hermes wurden deutsche Unternehmen nach der Digitalisierung ihrer Lieferkette befragt: Erst acht Prozent der Teilnehmer haben einen entsprechenden Transformationsprozess bereits durchgeführt. Ein Grund für diese offenbar lückenhafte Digitalisierung sind unter anderem fehlende Best-Practices, also konkrete Anwendungsberichte aus der Praxis. Solche Berichte würden eine Orientierung liefern, mit welchen Methoden und Technologien sich die Digitalisierung sicher umsetzen ließe.
Selbstlernende Systeme weit vorne
Obwohl sich viele Teilnehmer demnach noch in einem Anfangsstadium befinden, haben sie sich dennoch mit den aktuellen Trendtechnologien befasst und messen selbstlernenden Systemen (also Machine-Learning-Systemen) die höchste Bedeutung für die Umsetzung der Digitalisierung zu (46%). Aber – was sind Machine-Learning-Systeme und wo bringen sie Nutzen im Supply Chain Management?
Machine Learning ist eine Form von künstlicher Intelligenz. Das technische System lernt aus Beispielen und kann diese verallgemeinern und zu Regeln formen. Beispielsweise werden Machine-Learning-Systeme in einem Spam-Filter für E-Mails mit möglichst vielen Beispielen für unerwünschte Post gefüttert und erkennen so die Merkmale dieser Mails. Somit können sie Spam-Mails klassifizieren und dann automatisch immer besser selbstständig erkennen und herausfiltern.
Beschaffung mittels Machine-Learning optimieren
Es gibt viele unterschiedliche Verfahren des Machine Learning und zahlreiche Anwendungsgebiete. Im Bereich Supply Chain Management nennt das Trendbarometer bereits die konkrete Anwendung von Machine Learning für die Automatisierung von Bestellprozessen in der Disposition. Und tatsächlich ist dies eine derzeit bereits etablierte Anwendung der Trendtechnologie.
Eine Software für das Bestandsmanagement kann durch Machine Learning die Genauigkeit von Prognosen über den Kundenbedarf der Zukunft stark verbessern. Dazu berücksichtigt der hier zum Einsatz kommende Algorithmus Informationen darüber, welche Ereignisse oder externe Informationen Einfluss auf den Kundenbedarf nehmen.
Zum Beispiel hat die Fußball-WM den Absatz von Konsumprodukten wie Bier, Chips, oder Grills verändert. Machine Learning kann den Einfluss des Sportereignisses in die Planung der Absatzmenge automatisch einbeziehen. Damit erhält der Disponent viel bessere Planzahlen und kann seine Warenbeschaffung frühzeitig exakt daraufhin ausrichten. Unabhängig von derartigen Ausnahmesituationen sind solche Prognosesysteme oft so gut, dass sie viele Bestellungen völlig autonom vornehmen können und sich der Planer nur noch mit Ausnahmefällen auseinandersetzen muss. Der Beschaffungsprozess ist somit digitalisiert und teilweise sogar automatisiert. Der Planer kann sich vermehrt strategischen Aufgaben widmen.
Ohne Risiko in die Digitalisierung
Der Einsatz selbstlernender Systeme ist für die Logistik- und Supply-Chain-Verantwortlichen in Deutschland ein wichtiger Schritt in die Digitalisierung der Lieferkette. Die Anwendungsbereiche sind vielfältig, aber oft noch wenig praxiserprobt, was viele Unternehmen zögern lässt. Doch für Teilbereiche, wie Beschaffung und Disposition, können Unternehmen schon auf ausgereifte Machine-Learning-Systeme zugreifen. Damit gelingt der Start in die Digitalisierung der Lieferkette risikofrei und erfolgsversprechend.