Was sich der Sondermaschinenbau beim termintreuen Osterhasen abgucken kann

von Jana Vreydal
Hände bemalen Ostereier

Das Osterfest steht vor der Tür und die meisten Menschen werden sich jetzt bereits schon mit den typischen Osterartikeln eingedeckt haben. Aber im Grunde kommt beim Einkauf derselben keine Torschlusspanik auf. Selbst einen Tag vor den Festtagen können Sie gemütlich durch die Stadt bummeln und finden praktisch an jeder Ecke noch Schokoladenhasen, Ostereier oder Dekorationsartikel. Man sieht, die Händler und Produzenten haben mit einem bestimmten Bedarf gerechnet. Doch woher wissen sie, welche Menge sie von welchem Produkt brauchen? Und wie schaffen es die Hersteller der Waren, eine termingerechte Produktion zu garantieren? Denn Ostern kann ja schließlich nicht beliebig verschoben werden…

Ob in der Lebensmittel-, Automobil- oder Pharmaindustrie: Geht es um Massen- oder Serienfertigung, ist es verhältnismäßig leicht, den Überblick über einzelne Produktionsschritte zu behalten und Voraussagen über zukünftige Prozesse sowie den Marktbedarf zu treffen. So kann die gewünschte Anzahl aufgrund von zuverlässigen Prognosen zu einem definierten Zeitpunkt fast plangerecht produziert und geliefert werden. Dank bereits vorhandener Daten aus der Vergangenheit hat man Angaben darüber, wie viel Zeit welches Produkt in der Herstellung benötigt, aus welchen Teilen es sich zusammensetzt und welche Lieferzeiten die benötigten Einzelteile jeweils haben. Durch Auswertung dieser auf Erfahrungswerten beruhenden Kenntnisse können eine minutengenaue Planung getroffen und Terminzusagen eingehalten werden.

Die Besonderheit des Auftragsfertigers

Ganz anders ist dieser Planungsvorgang jedoch im Maschinen- und Anlagenbau. Dort handelt es sich nicht um Massen- oder Serienfertigung, sondern Einzel- und Kleinserienfertigung mit der Losgröße 1. Doch diese kundenindividuelle Fertigung ist verbunden mit ebenso einzigartigen Problemen. Ständig gibt es Änderungen, Abweichungen und Störfaktoren wie nicht rechtzeitig gelieferte Zukaufteile. Auch gibt es hier häufig keine verlässlichen Prognosen, da die meisten Produkte zum ersten Mal gefertigt werden.

Um diese Herausforderung zu meistern, setzen Maschinen- und Anlagenbauer in der Fertigung unter anderem ERP-Systeme ein. Diese Systeme müssen allerdings mit enorm vielen Daten gefüttert werden, um Prognosen liefern zu können. Und am Ende handelt es sich dabei nur um grobe Schätzwerte, da die Daten bei den meisten Betrieben auf dem Bauchgefühl und den groben Erfahrungswerten der Meister beruhen. Viele Anlagenbauer meinen daher fast schon nachvollziehbar, dass sie schlechte Daten hätten, die unbrauchbar seien. Selbst mit Planungstools lassen sich die Datenmengen oft nicht sinnvoll auswerten, da die Daten nicht exakt genug sind.

Denn oft muss ein Auftragsfertiger adhoc einen verbindlichen Liefertermin für seine Fertigungen zusagen: „Lieferung am 16. Dezember 2017“. Diesen Tag einfach so festzulegen, kann aber mit fatalen Folgen verbunden sein – denn woher weiß er, ob die Maschine bis zu diesem Zeitpunkt tatsächlich fertiggestellt sein wird? Ob alle Längläufer-Teile rechtzeitig geliefert werden? Ob die Produktion reibungslos abläuft und kein Mitarbeiter ausfällt?

Verzögerungen kosten

Da es aber durchaus sein kann, dass der Kunde seine Produktionsanlagen am vorausgesagten Liefertermin still gelegt hat und somit seinen Umsatz an diesem Tag einbüßt, kann es zu kostspieligen Strafen bei Lieferverzögerungen kommen. Halte ich als Maschinen- oder Anlagenbauer also meine Terminzusage nicht ein, muss ich mit enormen Strafzahlungen oder gar einem Vertragsrücktritts meines Kunden rechnen.

Planungstools werden häufig als Lösung vorgeschlagen, um den hohen Kosten aus dem Weg zu gehen. Doch benötigen sie – wie bereits angedeutet – exakte Daten und die liegen bei einer Einzelfertigung in der Regel einfach nicht vor. So beginnt der Teufelskreis erneut: viele Fehlteile, lange Rückstandslisten, Maschinenstillstände und somit hoher manueller Planungsaufwand.

Planungstransparenz in der Fertigung

Was viele nicht wissen - es gibt eine Lösung, die unter deutschen Maschinenbauern relativ weit verbreitet ist: Systeme mit Fuzzylogik und speziell für die Anforderungen der Maschinenbauer entwickelten Algorithmen. Im Gegensatz zur klassischen Logik können mit Hilfe der Fuzzylogik Aussagen mit Zwischenwerten getroffen werden, wie beispielsweise „trifft weniger zu“ oder „ trifft ziemlich gut zu“. So können in der Produktionsplanung sehr individuelle Entscheidungsregeln formuliert werden. Die Systeme sind so in der Lage - trotz ungenauer Vorgabezeiten - realistisch zu planen. Im Maschinenbau ist eine minutengenaue Planung oft gar nicht von großer Bedeutung, häufig reicht hier lediglich ein Zeitpuffer. Eine tagesgenaue Planung hingegen kann dank der Optimierungssoftware vorausgesagt werden.

Um diese Planung so genau wie möglich bestimmen zu können, muss zunächst der große Datenwust bereinigt werden. Mit einem Planungstool werden die Daten aus dem ERP-System ausgewertet, gecheckt und geprüft. Diese zielgenaue Datenbereinigung ist die Voraussetzung für die Funktionsweise der Lösung. Anhand von diesen Daten kann nun eine realistische, tagesgenaue Planung erfolgen, woraus wiederum  Planungstransparenz und -sicherheit resultieren. Außerdem können kritische Pfade identifiziert und eine hohe Termintreue durch ein Frühwarnsystem erreicht werden. Die Fertigung kann endlich - trotz individueller Produkte - gezielt koordiniert werden, Analysen und Kennzahlen für verschiedene Bereiche sind übersichtlich dargestellt und die gesamten Unternehmensprozesse somit optimiert.

Fazit

Wie wir festgestellt haben, reichen ERP-Systeme für Auftragsfertiger nicht aus, um die Produktion zu überblicken. Dafür gibt es heute viel zu viele Daten, die unsauber und für wertvolle Zukunftsprognosen nicht geeignet sind. Eine realistische und intelligente Planung im Sondermaschinenbau ist aber durchaus möglich - genau wie für besonders nachgefragte Waren an bestimmten Feiertagen wie Ostern. Trotz ungenauer Daten gibt es Systeme, die für Transparenz im Produktionsprozess sorgen und wertvolle Prognosen liefern. Mit Hilfe dieser Lösungen kann der Sondermaschinenbauer seinen Kunden den Liefertermin in 2017 doch bestätigen - und das ganz ohne unnötige Strafkosten. 

Frohe Ostern!

Wie gehen Sie mit unsauberen Daten in der Einzel- und Kleinserienfertigung um? Nutzen Sie bereits intelligente Systeme?



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Über die Autorin

  • Jana Vreydal war studentische Hilfskraft bei der INFORM GmbH. Im Marketing des Geschäftsbereiches Produktion hat sie sich mit den Themen Produktionsplanung und Business Intelligence beschäftigt.

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